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Bittersweet Dublin

Autorenbild: Stefan HaberStefan Haber

Nachtrag: Silvester habe ich in Dublin verbracht. Mit unserer Unterkunft gegenüber dem Geburtshaus des berühmten Dichters der Stadt, Oscar Wilde, hatten wir Glück In der Nähe befand sich eine erstaunliche Museumslandschaft in drei viktorianischen Gebäuden: eins für Kunst, eins für Natur und eins für Geschichte.

Das National Museum of Nature war für mich das außergewöhnlichste. Ausgestopfte Tiere sind eigentlich nicht mein Ding, allerdings fand ich diese Sammlung in ihrer Qualität, Vielfalt und Präsentation in den imposanten historischen Mauern umwerfend schön. Der Eintritt ist frei, es wird aber um eine Spende gebeten.

Im Gegensatz hierzu kann man die St. Patrick's Cathedral nicht ohne Eintrittsgeld (Familientarif 16 €) besuchen, eine Maßnahme die sich sicherlich durch leere Klingelbeutel erklären lässt. Trotzdem eine ungewöhnliche Maßnahme, für mich als Lutheraner. Geld bezahlen, um zu beten? Gebetet habe ich nicht, sondern die wunderbaren Bodenfliesen bestaunt und die Schönheit dieser geschichtsträchtigen Kirche bewundert.

Sehr berührt hat uns dieser Buchladen. Verstaubt, klein und alt, Bücher bis unter die Decke. Hier wird regelmäßig gemeinsam gelesen. Auf der weiteren Suche nach Buchkultur fanden wir die berühmte Bibliothek auf dem Universitätsgelände um diese Jahreszeit leider geschlossen. Die ersten 300 Jahre durfte übrigens auch kein Katholik die Universität betreten. Lange Zeit herrschte eine Zwei-Klassen-Gesellschaft: Protestanten und Katholiken, Reich und Arm, Engländer und Iren, süß und bitter.

Dublin ist im Innersten durch die Besetzung der Engländer geprägt. Wichtige Gebäude sind im viktorianischen Stil errichtet. Durchsetzt mit kleineren irischen Bauten, den gotischen Kirchen und einigen gewagten modernen Ansätzen, ergibt sich ein recht heimeliges Gesamtbild. Geht man jedoch an die Peripherie, wirkt es auf einmal heruntergekommen. Eine ganz eigene Atmosphäre, die mich besonders fasziniert hat. Amorph, kitschig, farbig und belebt, aber mit einer funktionierenden Infrastruktur. Es gibt hier Tapeten-, Stoff- und Haushaltswarenläden, die förmlich überquellen. Mit einem Angebot, das man bei uns vor 25 Jahren gefunden hat.

Geht man von der City aus entlang dem Fluss in Richtung Meer, präsentiert sich die Stadt auf einmal sehr modern.

Es sieht aus wie in allen modernen Städten auf der Welt. Irgendwie vertraut, aber irgendwie auch uniform.

Silvester gibt es übrigens nur ein offizielles Feuerwerk für genau eine halbe Stunde. Jegliche andere Knallerei ist unter Strafe verboten. Vielleicht eine Vorsichtsmaßnahme? Falls Schiffe in Seenot geraten, könnte man ihre Leuchtraketen übersehen. Auch die bunten Häuser am Meer sind kleine Signale für nebeltrübe Blicke heimatsuchender Seemänner.

Zum Schluss das Guinness. Das schmeckt hier in Dublin cremig süß mit einer sehr feinen bitteren Note. So lecker, dass sogar meine nicht bierliebende Frau gerne davon getrunken hat.

Und Selbige hat mir erst geglaubt, dass es einen Unterschied zu Deutschland gibt, nachdem sie das bittersüße Guinness mit gewöhnungsbedürftiger Note zwei Wochen später im Irish Pub in Düsseldorf gekostet hat.

Ich glaube, die Iren trinken das leckere Bier lieber selber!

Dublin hat natürlich noch viele Sehenswürdigkeiten. Die berühmte Temple Bar, "The Needle", eine riesige nadelartige Skulptur auf einer belebten Prachtstraße, jede Menge Kirchen und Regierungsgebäude. Noble Einkaufsstraßen und berühmte Plätze. Molly Mallone, die hübsche Fischverkäuferin, die, am Fieber gestorben, noch immer rastlos durch die irischen Gassen geistert. Jede Menge Straßenkünstler (busker) und wunderschöne Parkanlagen. Viele Bücherläden und Pullover aus Schafwolle.

Ich finde besonders die Gegensätze interessant, die man bis heute überall sehen, spüren und schmecken kann. "Bittersweet Dublin".


 
 
 
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